(Bild: Gabriella Boschet)

Gabriella Boschet

Aktuell und nostalgisch

Kirchenkonzert 2022

Der Musikverein Goldau hatte zu einem farbenfrohen, fröhlichen und kräftigen Konzert in der katholischen Kirche in Goldau eingeladen.

Mit «Victor’s Tale» stand unter anderem ein Stück auf dem Programm, das nicht aktueller sein konnte: Im November konnte man in der internationalen Presse lesen, dass der Iraner Merhan Karimi Nasseri 76-jährig im Pariser Flughafen gestorben war. Er hatte 18 Jahre auf dem Flughafen gelebt, weil seine Einreisepapiere gefehlt hatten. Bekannt wurde seine bewegte Lebensgeschichte durch den Film «The Terminal» von Steven Spielberg und durch die ikonische Musik von John Williams.

Mit «Sanctuary» präsentierten die Musikantinnen und Musikanten auch ein Werk, das von sehr persönlichen Erinnerungen inspiriert war. Der Komponist Frank Ticheli widmete das Stück seinem Freund H. Robert Reynolds, der – wie einige ehemalige Musikverein-Ehrenmitglieder bemerkten – in den 1980er-Jahren beim Musikverein Goldau zu Gast war.

Ein ganz herzliches Dankeschön geht an unser treues Publikum und an unsere Gönnerinnen und Gönner.

Konzertprogramm

aus «Sinfonische Metamorphose»

Paul Hindemith

arr. Keith Wilson

«Symphonische Metamorphose mit Themen Carl Maria von Webers» ist der Titel eines Orchesterwerkes von Paul Hindemith aus dem Jahr 1943, das er im amerikanischen Exil schrieb.

Das ursprünglich als Ballett konzipierte Stück hat vier Sätze und gehört zu den bekanntesten Werken Hindemiths. Ihm liegen musikalische Themen von Carl Maria von Weber zugrunde. Hindemith selbst hat aber nur beim zweiten Satz gesagt, welches Werk von Weber er verwendet. Erst mit der Aufführung der «Metamorphose» wurden die grösstenteils vergessenen Weberschen Themen identifiziert und wieder bekannter gemacht.

Hindemith veränderte an Webers Themen im Prinzip wenig. Er setzte sie aber in einen neuen Kontext gab ihnen, ganz im Sinne des Titels, eine neue Gestalt. Dies tat er vor allem über die virtuose Instrumentierung für grosse Orchester mit ausgeprägter Berücksichtigung der Blas- und Schlaginstrumente. Teilweise verlieh er ihnen über rhythmische Verlagerungen einen modernen, nahezu amerikanischen Charakter mit ungewohnten Klangfarben und mit fast jazzartigen Elementen.

Der vierte und letzte Satz basiert auf einem Marsch aus Webers Huit Pièces Op. 60, einem Stück für vierhändiges Klavier, das um 1802 entstanden ist. Es beginnt mit mit einem fanfarenartigen Zweitaktmotiv, das immer wieder auftaucht und entwickelt wird. Obwohl auch ein stärker lyrisches Trio ertönt, unterscheidet sich das Stück deutlich von traditionellen Marschformen.

Keith Wilson, ein Schüler von Hindemith an der Yale University, hat die farbenprächtige Originalpartitur für Blasorchester arrangiert.

W. Francis McBeth

«Kaddish» ist ein aramäisches Gebet aus dem 13. Jahrhundert, das während jedes traditionellen,
jüdischen Gebetsgottesdienstes gesprochen wird. Kaddisch bedeutet auf Aramäisch „Heiligung“ und ist verwandt mit dem hebräischen Wort Kadosh, das „heilig“ bedeutet.

Die bekannteste Variation ist das Kaddisch der Trauernden. Das Gebet erwähnt niemals den Tod oder das Sterben, sondern verkündet stattdessen die Grösse Gottes. Indem sie es rezitieren, zeigen Trauernde, dass sie Gottes Grösse bekräftigen, selbst wenn ihr Glaube durch ihren Verlust auf die Probe gestellt wird.

Der in amerikanischen Kreisen sehr erfolgreiche und namhafte Blasorchesterkomponist Francis McBeth verarbeitete in seinem gleichnamigen Werk den Tod seines früheren Lehrers, des berühmten Komponisten James Clifton Williams.

In Form eines klingenden Gebetes brachte McBeth dabei seinen Schmerz über den Verlust zum Ausdruck. Bereits am Anfang wird mit Glockentönen der sakrale Charakter gesetzt. Spannung entsteht, indem sich einzelne Stimmen in Sekundschritten zu Clustern aufbauen. Auffällig ist auch der immer wieder zu hörende Paukenschlag, der den Puls eines Herzschlages nachahmt. Einfache Motive erklingen immer wieder, als ob der Name einer verstorbenen Person permanent genannt würde. Die Musik in «Kaddish» ist nicht nur leise klagend, sondern auch schreiend und tobend. Je mehr es auf das wuchtige Finale zugeht, desto stärker drängen die Melodien nach oben. Als ob der Tote nun dem Himmelreich überlassen würde.

aus «The Terminal»

John Williams

arr. Paul Lavender

Antje Hattori, Klarinette

Viktor Navorski, ein Besucher aus dem fiktiven osteuropäischen Land Krakosien, strandet im dem New Yorker Flughafen JFK, als sein Heimatland in Bürgerkriegswirren untergeht und von den Vereinigten Staaten nicht mehr diplomatisch anerkannt wird.

Diese Geschichte erzählt der Film «The Terminal» mit Tom Hanks in der Hauptrolle. Trotz der aussichtslosen Situation, der ständigen Beobachtung und Schikane wird der freundliche und herzliche Victor, der sich in einem Flughafen-Terminal auf Dauer häuslich einrichtet, zu einer wichtigen Bezugsperson im Flughafen.

John Williams widmet Victor als Hauptfigur des Films eine leichte, tänzerische Melodie, die sowohl dessen Optimismus als auch seinen bunten ethnischen Hintergrund ausdrückt.

Als Solistin darf der Musikverein Goldau mit Antje Hattori eine Musikantin aus den eigenen Reihen präsentieren. Die Instrumentalpädagogin und Musikkinesiologin kam durch die Katze in «Peter und der Wolf» zur Klarinette, und 2009 zum Musikverein Goldau.

Frank Ticheli

Frank Ticheli hat sein «Sanctuary» ebenfalls einer für ihn wichtigen Person gewidmet, nämlich seinem guten Freund H. Robert Reynolds. Dieser war Dirigent, Pädagoge und Hornist. Dementsprechend kommt das Horn prominent als «musikalischer Hauptbote» zum Einsatz.

Das Stück beginnt mit Akkorden, die von den Buchstaben von Reynolds‘ Vornamen (Harrah) abgeleitet sind. Ticheli macht das bewusst als Hommage an ein anderes Stück, das Reynolds in Erinnerung an seine Mutter in Auftrag gegeben hatte. Im Stück bringt Ticheli auch seine Erinnerungen an den Musiker Reynolds ein, etwa wie dieser seine Lieblingswerke von Grainger dirigierte.

«Sanctuary» beschwört eine reiche Palette von Bildern herauf. Es kann einen Ort der Einsamkeit, des Trostes, der Ruhe, des Gebets und des Schutzes bedeuten. Es kann aber auch einen Ort vor das geistige Auge führen, der stark und imposant ist, oder einen, der sehr klein und privat ist.

Ticheli hat all diese Bilder und Orte in der Musik angedeutet. Die Klänge der Eröffnungsglocke suggerieren Frieden und freudige Ehrfurcht. Die dann einsetzende Melodie ist gleichzeitig nachdenklich und beruhigend. Es gibt auch einen unterschwelligen Hauch von Nostalgie, eine Wehmut, vielleicht angedeutet durch die drei Akkorde, die immer wieder vorkommen. Der dunkle, imposante Höhepunkt des Werks drückt Stärke und Kraft aus. Das Werk endet mit dem leisen Echo der Eröffnungsglocken.

Thomas Asanger

Das Kürzel «CMYK» steht für ein Farbmodell, das die technische Grundlage für jeden modernen Vierfarbdruck bildet. Es verkörpert die drei Farbbestandteile Cyan, Magenta, Yellow und den Schwarzanteil Key als Farbtiefe. CMYK-Farbräume sind geräteabhängig und mit spezifischen Farbprofilen können so Farbtöne sehr exakt beschrieben werden.

Der Komponist Thomas Asanger, der sich in seiner Freizeit selbst auch gerne grafisch betätigt, hat das CMYK-Farbmodell als Grundlage für seine Komposition genommen. Damit schafft er sein ganz persönliches, musikalisch nachgezeichnetes Bild.

Kompositorisch werden zunächst die drei Farben beziehungsweise der Schwarzanteil musikalisch vorgestellt. Die einzelnen Melodien kommen klar und noch unvermischt zur Geltung. Im Verlauf des Stückes werden die Melodien, und damit auch die Grundfarben, immer stärker kombiniert und miteinander vermischt. Asanger lagert die unterschiedlichen, musikalischen Themen übereinander und stellt mal das das eine, mal ein anderes Motiv in der Vordergrund – wie das auch beim Zeichnen eines Bildes der Fall ist. Einige Formen, Figuren und Farben sind wichtiger, andere wiederum treten in den Hintergrund.

aus «The Polar Express»

Alan Silvestri und Glen Ballard

arr. Jerry Brubaker

«The Polar Express» Der Polarexpress ist ein computeranimierter Kinderfilm aus dem Jahr 2004. Es geht um die abenteuerliche Fahrt eines Jungen und seiner Gefährten im fantastischen Zug zum Nordpol und zurück, und das Ganze in der Weihnachtsnacht.

Für die cineastische Umsetzung wurden die damals vorhandenen, technischen Möglichkeiten voll ausgeschöpft. Der Film gilt als erster, vollständig digital erfasster Film überhaupt.

Der Soundtrack, komponiert von Alan Silvestri und Glen Ballard, hat dieselbe Farbigkeit und Dynamik wie der Film insgesamt. Vor allem die in bester Musicalmanier hingeschmetterten Lieder wurden schnell zu Klassikern, und bei vielen zu richtigen Ohrwürmern.

In seiner «Concert Suite» nimmt Jerry Brubaker einige der schönsten Songs auf und verarbeitet sie gekonnt für Blasorchester: Believe, Polar Express, When Christmas comes to Town und Spirit of the Season.

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Presseartikel

Der Musikverein erfüllte die Kirche mit seinen Klängen (Gabriella Boschet, Rigi-Post, 9. Dezember 2022)

Probewochenende fürs Kirchenkonzert (Rita Häcki, Rigi-Post, 24. November 2022)