Kirchenkonzert 2013
Einen vielseitigen Konzertabend versprach das Programm des Kirchenkonzertes 2013. Rund um die «Jubiläumskomponisten» Richard Wagner und Morton Gould wurden die mächtigen aber auch die feinen Klänge in der Pfarrkirche zur Geltung gebracht. Als musikalische Kontrastpunkte wurden Werke von Serge Lancen und Gustav Holst gesetzt.
Der Musikverein bedankt sich bei allen, die zum Gelingen dieses Konzertes beigetragen haben: bei Christian Stutzer für die gute Vorbereitung, bei Sandro für die sympathische Ansage, bei den Projektmitgliedern für die musikalische Unterstützung, bei den Sponsoren und Gönnern und schliesslich auch bei den Zuhörerinnen und Zuhörern.
Presseschau
Jubilierende Komponisten im Zentrum des Kirchenkonzertes (Edith Schuler-Arnold, Rigi-Post, 12. Dezember 2013)
Musikverein Goldau spielt «Jubiläumsmusik» (Flavian Imlig, Rigi-Post, 5. Dezember 2013)
Facettenreiche Blasmusik (Flavian Imlig, Rigi-Post, 28. November 2013)
Konzertprogramm
transkr. Clark McAlister & Alfred Reed
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Als Richard Wagner 1813 in Leipzig geboren wurde, deutete wenig darauf hin, dass er einer der bedeutendsten Komponisten werden sollte. In seiner Familie und Verwandtschaft wurde nicht musiziert. Erst mit 16 Jahren – wie die Legende besagt – nach einem Besuch in der Oper, entschloss er sich Musiker zu werden. Schon als Student veröffentlichte er erste Kompositionen, die vom Publikum wohlwollend aufgenommen wurden. Auch bereits im Studium widmete er sich seiner ersten Oper, die jedoch unvollendet bleiben sollte. Wagner lebte in seiner Jugendzeit deutlich über seinen Verhältnissen und nahm zahlreiche Darlehen auf, die er nicht zurückzahlen konnte. Auch um vor seinen Gläubigern zu fliehen, nahm er 1937 eine Kapellmeisterstelle in Prag an. In seiner Prager Zeit entstanden der Text und die ersten Teile seiner dritten Oper «Rienzi, der letzte der Tribunen», die er 1840 in Paris fertigstellte und die 1842 in Dresden uraufgeführt wurde.
Die Oper basiert auf der Lebensgeschichte von Cola di Rienzo, eines italienischen Politikers, der – aus einfachen Verhältnissen stammend – antritt um die tyrannischen Herrscher aus Rom zu vertreiben und anschliessend selbst zum Volkstribun wird. Als solcher wird er selbst wieder in einem blutigen Aufstand gestützt und stirbt zuletzt tragisch in den Flammen des Kapitols. Bereits in «Rienzi» zeichnet sich Wagners typische Hauptfigur ab: der einsame, übermenschliche Held, den die Welt nicht versteht und der an ihr zugrunde geht.
Ehrenhaftigkeit, Stolz, Heldenmut aber auch Krieg, Chaos und Terror sind die Motive die die Musik und insbesondere die Ouvertüre zu «Rienzi» vermittelt. Schon der gebetsartige Fanfarenruf zu Beginn lässt Schicksalshaftes erahnen. Das schon fast heitere Heldenmotiv schwingt zu Beginn noch obenauf, wird dann aber zunehmend verdrängt durch einen pompösen Triumpfmarsch und kriegerische Schlachtenhymnen mit wilden Verzierungen. Die Ouvertüre schliesst mit aufgeregten Fanfaren und immer schneller werdenden Marschklängen.
Die harmonisch und melodisch interessante Musik mit energischen Motiven, schneidigen Übergängen und dem gross angelegten, bombastischen Schluss wurde von Wagner selbst später sehr kritisch eingeschätzt: Sie gehörte nicht zu den Opern, die Wagner in seinem Festspielhaus in Bayreuth aufführte. Getrübt wird der heutige Blick auf die dritte vollendete Wagner-Oper durch ihre Indienstnahme durch das Nazi-Regime in Deutschland. Bis heute führen Rienzi-Aufführungen zu Kontroversen und das kraftvolle Frühwerk Wagner’s bleibt mit dieser historischen «Schande» (Jochen Hieber, 2013) behaftet.
Text: Flavian Imlig
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Der französische Komponist Serge Lancen – geboren 1922 in Paris, verstorben 2005 – geht in seiner «Suite pastorale» von drei einfachen, ländlich klingenden Motiven aus. Diese werden unterlegt mit einfachen, sehr eleganten Harmonien. Die Melodien werden tänzerisch weitergeführt und bringen so eine Art idyllisch-ländliche Leichtigkeit des Seins zur Geltung.
Mit ihrer durchsichtigen Eleganz stellt die «Suite pastorale« einen wohltuenden Kontrast zur Rienzi-Ouvertüre dar. Bei Lancen gibt es keine Spur von Krieg, Chaos, Heldenmut oder Stolz. Stattdessen hat das Werk trotz der teilweise rhythmisch anspruchsvollen Passagen einen ruhenden, beruhigenden Charakter.
Text: Flavian Imlig
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Seinen 100. Geburtstag feiern könnte 2013 der amerikanische Komponist Morton Gould. Als zweiten «Jubilaren» stellen wir ihn Wagner gegenüber. Im Gegensatz zu diesem wurde Gould bereits im Kindesalter als musikalisches Wunderkind betrachtet und entsprechend gefördert: Seinen ersten musikalischen Abschluss machte er mit 15 Jahren. Anders als Wagner war Gould schon in jungen Jahren nicht nur als Komponist, sondern auch als Pianist geschätzt. Gould wandte sich in seinen Kompositionen immer wieder den dramatischen Genres zu, allerdings nicht der Oper, sondern dem Film, dem Fernsehen und natürlich dem Broadway. Im Verlauf seiner Karriere zeichnete er sich auch als Dirigent aus und hatte grossen Erfolg mit dem von ihm gegründeten «Morton Gould Orchestra«. Seinen Erfolg verdankte er sicherlich auch seiner Fähigkeit mit grosser Leichtigkeit zwischen verschiedenen musikalischen Welten wie Sinfonieorchester, Broadway, Film, Jazz und Volksmusik hin und her zu wechseln.
Seine «Ballad for Band» komponierte Gould 1946, in einer Zeit, als er sehr viel für Bühne und Konzertsaal komponierte. Das Werk für grosses Blasorchester dokumentiert eindrucksvoll seine Lust am kompositorischen Spiel mit Harmonien und dem farbenreichen Einsatz der verschiedenen Register eines Blasorchesters. Gould kombiniert in der «Ballad for Band» den Charakter der damals verbreiteten Unterhaltungsmusik mit tänzerischen Formen und Elementen des Jazz. Auch Gould setzt andächtige, fast gebetsartige Elemente ein, jedoch auf eine völlig andere Art als Wagner. Nicht zuletzt der musikalische Facettenreichtum liess die «Ballad» eines der beliebtesten und meist gespielten Blasorchesterwerke des 20. Jahrhunderts werden.
Text: Flavian Imlig
Morton Gould
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In der 1939 komponierten «American Symphonette No. 2» setzt Morton Gould noch deutlicher als in der «Ballad for Band» Elemente des Jazz ein. Die ursprüngliche Fassung ist komponiert für Sinfonieorchester und stellt einen der überzeugensten Versuche dar, Jazz-Spirit in die grossen Konzertsäle zu bringen, und dies ohne Einsatz von Jazz-Musikern oder Improvisation. Das Jazz-Feeling entsteht durch den Einsatz weniger typischer Stilmittel: Wire brushes auf dem Snare Drum, Glissandi und Lippenbindungen, eng gesetzte Jazzakkorde. Insbesondere im zweiten Satz, der «Pavanne» imitiert Gould den damaligen Jazz so gut, dass seine Motive später in «echtem» wiederverwendet wurden.
Gerade die «Pavanne» zeigt sehr gut, wie bemerkenswert Gould sein Handwerk verstand: Die Musik ist sehr stimmig komponiert, kommt auf den ersten Blick unaufdringlich und fast etwas wie in der Reklame daher. Ein genaueres Hinhören aber offenbart liebevolle Details wie die Aufteilung des rhythmischen Begleitmotivs auf viele, immer andere Instrumente und Register oder die Gestaltung immer wieder neuer Klangfarben. So erscheint die «Pavanne» als schmeichlerisches Meisterwerk, dessen Motive man noch Wochen später summt oder pfeift.
Text: Flavian Imlig
Gustav Holst
ed. Colin Matthews
- March
- Song without words
- Song of the blacksmith
- Fantasia on the «Dargason»
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Mit der «Second Suite» von Gustav Holst soll der musikalische Bogen von Gould zurück zu Wagner geschlagen werden. Mit seinem Geburtsjahr 1874 liegt Holst zudem ungefähr zwischen den beiden «Jubilaren». Nachdem der Musikverein vor zwei Jahren bereits die «First Suite» in der Kirche aufführte, die Holst’s Tochter als Experiment bezeichnete, steht nun mit der zweiten Suite das Meisterwerk auf dem Programm. Während bei der ersten Suite die Volksmusikmotive noch eher indirekt einflossen, dreht sich die in den 1910er-Jahren entstandene «Second Suite» explizit um sieben englische Volkslieder.
Im ersten Satz werden gleich drei marschartige Liedmotive kombiniert. Nach einem kurzen Wechselspiel zwischen Tuba und Piccolo, das nicht das letzte dieser Art sein wird, erklingt ein lüpfiges Lied, das zum traditionellen, englischen «Morris dance» gesungen wird. Es geht über in «Swansea town», eine getragene, elegante Melodie, deren stolzer Charakter ein wenig an Wagner erinnert. Unvermittelt erklingt als Trio mit «Claudy banks» ein drittes Lied, das diesmal in Moll steht. Ganz traditionell steht an dessen Ende ein Da Capo, wird also der erste Teil wiederholt. Der zweite Satz beginnt als Kontrast zum Ende des ersten still und andächtig mit dem Lied «I’ll love my Love», das durch verschiedene Instrumente geht und ganz am Ende des Satzes bei der Tuba endet. Der dritte Satz stellt dazu wiederum einen Gegensatz dar: Es wird brachial, allerdings nicht im kriegerischen Sinne, sondern handwerklich. Im «Song of the blacksmith» wird die Arbeit des Schmieds inklusive Amboss musikalisch vertont. Der finale Satz kombiniert «Dargason», einer Tanzmelodie aus dem 17. Jahrhundert mit dem bekannten Lied «Greensleeves». Beide Motive treten in unterschiedlichen Varianten und in verschiedenen Registern immer wieder hervor und werden im Finale dann in einander verwoben. Den Schluss bildet gewissermassen ein Duett zwischen Tuba und Piccolo, die damit zurück zum Anfang verweisen.
Text: Flavian Imlig