Kirchenkonzert 2018
Das diesjährige Kirchenkonzert rund und Momumente und die Menschen dahinter fand wie üblich im wohl imposantesten Bauwerk von Goldau, in der Pfarrkirche statt. Es erklang Musik, inspiriert von Bauten, ihrer Gestalt und ihren Geschichten.
Zum Konzertauftakt ertönte kraftvoll und auch ein wenig brachial die Geschichte der «Ponte Romano», der alten Römerbrücke, die die Macht des römischen Reiches und seiner Legionen symbolisierte, selbst im entlegenen Aostatal. Die legendären hängenden Gärten von Babylon waren der architektonische Hintergrund für die Ouvertüre mit den schönsten Melodien aus der Oper «Nabucco».
Dass nicht nur alte Bauwerke vergänglich sind, kommt in «The Sun will rise again» zum Ausdruck. Mit diesem Stücke wollte der Komponist Philipp Sparke den Opfern der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe in Japan vom März 2011 gedenken. In die festliche Pfarrkirche hinaus klang der ruhige, andächtige Choral, der sowohl an die vielen Opfer der Katastrophe erinnert und zugleich der Hoffnung auf Wiederaufbau Ausdruck verleiht. Die Goldauer Musikantinnen und Musikanten spielten dieses Stück auch in Erinnerung an die im Sommer verstorbene Mitmusikantin Sabine Diana.
Die sechste Sinfonie von James Barnes war der Höhepunkt und zugleich der Abschluss des Konzerts. Unglaublich eindrücklich wie die unsichere, immer etwas diffuse Struktur vom Musikverein unter der versierten Leitung von Nino Wrede hörbar gemacht wurde, wie die Ruhe, Zuversicht und Gelassenheit im zweiten Satz klanglich die Kirche füllte und wie der letzte Satz energiegeladen vorwärtsstrebte. Der Ansager Sandro Forni glaubte im grossen Finale sogar die Definition von «furios» entdeckt zu haben. Das Publikum belohnte die engagierte musikalische Leistung und das schöne Konzerterlebnis mit langanhaltendem Applaus, und wurde seinerseits mit dem wohl berühmtesten Liebesgruss, oder eben «Salut d’amour» musikalisch verabschiedet.
Presseartikel
Musikverein Goldau präsentierte das Kirchenkonzert 2018 (Werner Geiger, Rigi-Post, 13. Dezember 2018)
Konzertprogramm
(*1956)
—
Die Konzertouvertüre aus der Feder des belgischen Komponisten entstand im Jahr 2000 als Auftragskomposition des Blasorchesters von Pont-Saint-Martin, einer kleinen Gemeinde im französischen Teil des Aostatals im Nordwesten Italiens. Van der Roost liess sich inspirieren von der alten römischen Brücke inmitten des Dorfes. Nicht zuletzt durch diese Brücke demonstrierte das längst vergangene römische Reich seine Stärke und Macht.
Das Stück basiert auf einem immer wiederkehrenden Thema. Auf einen kraftvollen Anfang folgt ein bedrohliches Allegro, welches zwischen virtuosen und choralähnlichen Themen abwechselt. Dann wird ein drittes, rhytmisches Thema von Posaunen und Trompeten eingeführt und später in allen Orchesterteilen entwickelt. Man könnte sagen, dass der ganze Allegro-Teil einen fast zwanghaft quälenden Rhythmus hat; eben wie die mächtige römische Armee, die im Gleichschritt durch grosse Teile Europas marschierte.
(1813-1901)
arr. Franco Cesarini
—
Die von Guiseppe Verdi in der Oper «Nabucco» verarbeitete Erzählung spielt in Babylon und Jerusalem, wo der babylonische König Nabucco eben siegreich einmarschierte. Ein Grossteil der dramtischen Ereignisse rund um den König spielt sich in den hängenden Gärten von Babylon ab. Diese hängenden Gärten standen auf der antiken Liste der sieben Weltwunder, einer Art frühem Reiseführer zu den imposantesten und prunkvollsten Bauwerke der damaligen Zeit.
In der Ouvertüre, die der Tessiner Komponist Franco Cesarini meisterhaft arrangierte, kommen die zentralen musikalischen Motive der Oper vor. Unter anderem auch der berühmte Gefangenenchor «Va pensiero».
(*1951)
—
Im März 2011 ereignete sich vor der Ostküste Japans ein schweres Seebeben. Die Erdstösse brachten nicht nur eine zerstörerische Flutwelle, sondern verursachen gravierende Schäden im Atomkraftwerk Fukushima. Die Welt hielt wochenlang den Atem an. Weltweit waren die Solidarität und Anteilnahme gross.
Auch der englische Komponist Philip Sparke, der oft mit japanischen Blasorchestern zusammengearbeitet hatte, wollte helfen:
The day after the Japanese tsunami and earthquake in March 2011, a friend of mine in Tokyo e-mailed me to ask if I could write a piece to raise funds for the victims. It would have taken too long to write a new piece, so I arranged a recent brass band piece for wind band and called it «The Sun Will Rise Again».
Entstanden ist so ein ruhiger, andächtiger Choral, der sowohl an die vielen Opfer der Katastrophe erinnert und zugleich der Hoffnung auf Wiederaufbau Ausdruck verleiht.
James Barnes
(*1949)
- Andante – ma non troppo
- Adagio
- Allegro energico
—
Der amerikanische Komponist James Barnes schrieb seine sechste Sinfonie für das Blasorchester der Lake Braddock High School, das sie 2008 uraufführte. Der mittlerweile in den Ruhestand getretene Barnes ist einer der grossen Blasmuikkomponisten weltweit. Seine zahlreichen Kompositionen sind weit verbreitet und werden sehr häufig aufgeführt. Auch in der Schweiz hat Barnes schon verschiedene Kompositionsaufträge erhalten.
Ausgangspunkt für das dreisätzige Werk, das wie ein prächtiger Palast in der Blasmusiklandschaft steht, ist ein einfaches Motiv, das zunächst ganz schlicht und andächtig vorgetragen wird und sich dann immer weiterentwickelt. Der erste Satz hat dabei immer einen suchenden, nicht ganz klaren Charakter. Das Klanggebäude liegt im Nebel und lässt nur zwischendurch verspielte Details sichtbar hervortreten. In der Mitte des Satzes erscheint, wie durch einen Sonnenstrahl erhellt, die ganze Pracht, verschwindet aber danach wieder in der diffusen Stimmung.
Der zweite Satz ist sehr viel optimistischer gehalten. Ein wiederum einfaches Motiv wird in einem prächtigen, langsamen Choral vorgetragen und auch die folgenden feineren Passagen gehen mutig, hoffnungsvoll und selbstbewusst voran. Sie münden immer wieder im wundervoll ruhigen, strahlenden Choral.
Der Schlusssatz ist ein furioser Marsch mit Ecken und Kanten. Angetrieben wiederum von einem einfachen Motiv strebt die Musik immer nach vorne und geht so, bildlich gesprochen, über Stock und Stein. Die verschiedenen Register bringen immer neue Klangfarben in dieses Drängen mit ein. Der Vorwärtstrieb wird unterbrochen für einen Anflug leichter, lüpfiger Tanzmusik, bevor das marschähnliche Treiben wieder einsetzt und sich bis zum grossen Finale steigert.
Texte: Flavian Imlig